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Credit: Lehrbuch der pathologischen Anatomie / von F.V. Birch-Hirschfeld. Source: Wellcome Collection.
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![In einem in 36 Stunden tödtlich verlaufenden Falle von Bleizuckervergiftung fand Verfasser bei der Section die Leichenstarre hochgradig entwickelt, die Musku- latur auffallend trocken und braunroth. Am Zahnfleisch bestand kein Bleibelag. Die Schleimhaut des Magens war mit einer continuirlichen Schicht grauweissen Schleims bedeckt, die Mucosa geschwollen, blauroth, von feinen Ekchyniosen durchsetzt; der Dünndarm in seiner ganzen Länge auffallend contrahirt, seine Schleimhaut gerothet, von grauschleimigen Massen bedeckt. Die Solitärfollikel und die Peyer'schen Plaques nicht unerheblich geschwollen. Die mikroskopische Untersuchung ergab im Magen körnige Degeneration der Drüsenepithelien, massige Bundzelleninfiltration der Submucosa. Die Nieren waren hochgradig hyperämisch, das Epithel der Bindencanälchen im Zustande trüber Schwellung. Es bestand beträchtliche Hyperämie des Gehirns und seiner Häute. In einem Vergiftungsfalle durch chromsaures Bleioxyd (v. Linstow, Eulenberg's Viertel]ahrsschr. XX) war 4 Tage nach der Vergiftung im Magen und Duodenum weit vorgeschrittene Entzündung und Zerfall der Schleimhaut nachzuweisen (im Duodenum Perforation); auch in Speiseröhre, Schlund und Kehlkopf Entzündung. Ferner fand sich Fettleber, beginnender Icterus, Hyper- ämie des Gehirns und seiner Häute, sowie der Nieren. Durch längere Zeit fortgesetzte Incorporation selbst sehr unbe- deutender Bleimengen, am Häufigsten durch ßesorption vom Magen, seltener von der Haut aus, entsteht eine chronische Vergiftung, deren am meisten charakteristische Aeusserungen neben allgemeiner Störung der Ernährung, in dem Auftreten von Darmkolik, in gewissen schmerzhaften Beschwerden in der Umgebung der Gelenke (Arthralgie), in Störungen der Muskel- und Nerventhätigkeit (Paralyse und Anästhesie), endlich in cerebralen Symptomen bestehen (sog. Encephalopathie), unter denen neben der Amaurose namentlich die Eclampsia saturnina hervor- zuheben ist. (Sowohl in Betreff der speciellen Schilderung dieser Symptomcomplexe als hinsichtlich der vielfältigen Quellen chronischer Bleivergiftung sei verwiesen auf die noch heute maassgebende Arbeit von Tanquerel desFlanches, die gesammten Bleikrankheiten, über- setzt von Frankenberg, Leipzig 1842.) So schwere Folgen auch die chronische Bleivergiftung hervorzu- rufen vermag, so haben doch die nicht seltenen Leichenuntersuchungen der an Saturnismus chronicus Verstorbenen wenig Charakteristisches ergeben. Andererseits ist freilich der Nachweis, dass das Blei in den verschiedensten Organen deponirt wird und dass es dort selbst noch vorhanden sein kann, wenn bereits seit längerer Zeit keine neue Ein- fuhr stattgefunden hat, in zahlreichen Fällen erbracht worden. Bei an Hunden angestellten Vergiftungsexperimenten mit Blei fand Heubel (Pathogenese und Symptome der chronischen Bleivergiftung, Berlin 1871), dass Idie Organe, nach abnehmendem Bleigehalt geordnet, folgende Eeihe bildeten: •Knochen, Nieren, Leber, Eückenmark, Gehirn, Muskelsubstanz, Darm. Im Blut igelang nur der qualitative Nachweis des Bleies. Die Leichen der an chronischer Bleivergiftung Verstorbenen sind meist hochgradig abgemagert. An der Haut fällt gelbliche Färbung auf. Die Muskulatur ist stets mehr oder minder atrophisch, zum ITheil einfach abgemagert, zum Theil fettig zerfallen. Diese Degenera- •tion ist nicht gleichmässig über die Muskeln vertheilt, sondern betrifft, -wie die Bleilähmung, bestimmte Muskelgruppen (z. B. die Extensoren der Extremitäten) mit Vorliebe. In einem von Gombault (Arch. d. physiol. V) beschriebenen Fall fanden sich neben den atrophischen auch](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21925513_1297.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)