Beiträge zur psychologischen Theorie der Geistesstörungen / von Otto Meyerhof.
- Meyerhof, Otto, 1884-1951
- Date:
- 1910
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Credit: Beiträge zur psychologischen Theorie der Geistesstörungen / von Otto Meyerhof. Source: Wellcome Collection.
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![287] pathologisclien Wahns benutzen. Denn entweder ist es wieder nichts als die W^iederholung der Definition, daß der W^ahnträger, als geisteskrank, gegen seinen früheren Zustand, in dem er o-eisteso-esuud war, verändert ist, und der Wahn also mit den Erfahrungen des Gesunden im Widerstreit; oder aber, wenn es mehr sagen soll, nämlich daß der Wahninhalt dem Charakter des Gesunden widersprechend ist, so trifft dies nur für die exogenen Wahnformen, insbesondere also die der organischen Psychosen zu, nicht aber für die degenerativen Paranoiaformen, bei denen sich zum Teil der Wahninhalt direkt aus dem Charakter, Vorstellungsgehalt und Erlebnis des Gesunden ent- wickelt.^ 3. Es bleibt also schließlich nur die „Ichbeziehung“ übrig, und diese wird tatsächlich allgemein als besonderes Merkmal des paranoiden (und schließlich auch allen anderen) Wahns anerkannt. Mit Recht: Alle Wahnurteile haben irgend etwas mit dem Sub- jekt selbst zu schaffen. Nicht nur die „krankhafte Eigen- beziehung“, die alle Vorgänge in dem Sinn umdeutet, daß sie irgendwie sich aufs Subjekt des Wahns beziehen, sondern auch alle ausgesprochenen Wahninhalte betreffen das Schicksal der Person in irgend einer Weise. Es ist etwas ungenau, dies mit „Ichbeziehung“ auszudrücken. Zum mindesten ist dieselbe oft sehr indirekt. Nicht nur, daß im Beginn einer Dementia para- noides der Kranke bisweilen sich nicht für sich, sondern seine ‘ Aus dem Vorstellungsgehalt seines gesunden Vorlebens entnimmt auch der Katatoniker seine Wahninhalte (Verhexung, Elektrisierung, Hypnotisierung — je nach seinem Bildungsgrad), aber diese Erklärungen dienen ihm nur als Lücken- büßer angesichts seiner ihm selbst unverständlichen Erlebnisse. Der Paranoiker dagegen ist durch seinen Wahn befriedigt; sein Inhalt erschöpft völlig, was ihm an eigentümlichen Bewußtscinsvorgängen zustieß, und ist ihm eine gänzlich zu- reichende Erklärung dafür.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28067319_0195.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)