Beiträge zur psychologischen Theorie der Geistesstörungen / von Otto Meyerhof.
- Meyerhof, Otto, 1884-1951
- Date:
- 1910
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Credit: Beiträge zur psychologischen Theorie der Geistesstörungen / von Otto Meyerhof. Source: Wellcome Collection.
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![309] richtig sagt, ist nicht die Kritik geschwächt, sondern selbst ver- fälscht. Es wii'd sich uns zeigen, daß das Selbstvertrauen in die Richtigkeit seiner Vernunftorganisation, die „oberste Instanz“ des Fnrwahrhaltens der Urteile, zur einseitigen, rechthaberischen Partei geworden ist. Es ist zwar richtig, daß der Inhalt des Wahns die allgemeine Intelligenzstärke zu verraten pflegt. Das rührt daher, daß für die Ausbildung des Wahns die Stärke der Stimmungsanomalie und die Stärke der Urteilskraft in umgekehrtem Verhältnis in Betracht kommen. Je stärker das Urteil, um so tiefgreifender muß die Stimmungsunterlage alteriert werden, um eine der jetzt noch normalen Kritik annehmbare Wahnhypothese hervorzurufen; je schwächer das Urteil, um so Ungeheuerlicheres wird primär als möglich akzeptiert werden, auch ohne daß die thymische Alteration soweit geht. Es läßt sich also in einem mathema- tischen Bilde sagen, daß etwa das Produkt aus der Urteils- schwäche und der Stärke der G-emütsstörung die Absurditäts- größe des Wahns ergibt. Ist aber der Wahn akzeptiert, ist die Kontinuität des Denkens dui’ch ihn zerrissen, so hat es gar keinen Sinn, von einer besonderen „Kritiklosigkeit“ des Wahn- sinnigen ihm gegenüber zu sprechen. Dieselbe gehört vielmehr zum Wesen des Wahns als des starren, d. h. unkorrigierbaren Fehlurteils. § 30. Ehe wir uns der zusammenhängenden Darstellung desjenigen zuwenden, was wir als allgemeine psychologische Unterlage der paranoiden Wahnidee anzusehen haben, müssen wir den be-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28067319_0217.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)