Entwickelungsgeschichte und Anatomie des weiblichen Genitalapparates : zwanzig Vorlesungen / von Heinrich Bayer.
- Bayer, Heinrich, 1853-
- Date:
- 1908
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Credit: Entwickelungsgeschichte und Anatomie des weiblichen Genitalapparates : zwanzig Vorlesungen / von Heinrich Bayer. Source: Wellcome Collection.
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![Involution der Gebärmutter und Sekretion aus der Brustdrüse, gleich- wertige Folgen einer weiter zurückliegenden Ursache sind. Ob man hierbei an eine Funktion des Corpus luteum graviditatis oder des wachsenden Eies resp. der Plazenta denken soll, welche das Wachstum der Drüse regulierte, und nach deren Ausfall die Sekretion der Mamma als eine Art autolytischen Prozesses einträte, das steht dahin. Halb an1] betrachtet auch den „embryonalen Wachstums- impuls der Mamma“ als eine „Schwangerschaftsreaktion“ und als den Effekt „aktiver Plazentarsubstanzen“, die vom Chorionepithel produziert werden sollen. Ich gedenke später auf die Spekulationen dieses Autors einzugehen; vorläufig bemerke ich bloss, dass es sich bei ihnen um zum Teil recht ansprechende Vermutungen, aber doch nur um Vermutungen handelt, wenn sie auch in die bei manchen Gynäkologen so beliebte suggestive Form von „Gesetzen“ und „Thesen“ eingekleidet sind. — Während des Kind es alters ist das Wachstum der Brust- drüse ein sehr unbedeutendes, und der Drüsenkörper überschreitet meistens die Grenzen des Warzenhofes nicht. Die Zahl der Milchgänge vergrössert sich nicht; dagegen erfolgen im Quellgebiete derselben Weiterentwickelungen, die freilich erst später, in der Schwangerschaft und Laktation, ihren Abschluss finden. Die anfangs einfachen oder gabelig geteilten Gänge verästeln sich mehr und mehr, sodass zuweilen schon in der Pubertätszeit das ganze ausführende Kanal- system angelegt ist. Der sezernierende Apparat aber wächst selbst beim Eintritt der Geschlechtsreife nur wenig. Darum besteht bei Jungfrauen und Nulliparen der eigentliche Drüsenkörper aus fester, fast sehnenartig aussehender Substanz von mattweisser Farbe; eine Einteilung in einzelne Lappen ist nicht deutlich zu erkennen. Die in der Pubertätszeit beginnende Wölbung der Brust beruht zum grössten Teil nur auf einer reichlichen Ansammlung von Fettgewebe. Erst in der Schwangerschaft erreicht die Drüse ihre volle Ausbildung. Bei Jungfrauen ein halbkugeliges und unter schönen Verhältnissen pralles, festes Gebilde, wird die Brust in der Gravidität weich, locker und beginnt nach abwärts überzuhängen. Namentlich für Mehrgeschwängerte ist die Hängebrust charakteristisch. Ihre Gestalt zeigt sich aber in ausserordentlich vielen individuellen Varianten2); manche derselben sind Rasseneigentümlichkeiten, manche auch die Folgen künstlicher Verunstaltung. So sind nach Hyrtl3) die Brüste x) Arch. f. Gynäk. 75. Bd. p. 353. 2) Vergl. v. Rosthorn in v. Winckel’s Handb. d. Geburtsh. I. 1. Hälfte, p. 587 ff. 3) Topogr. Anatomie I. p. 550.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28063600_0800.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)