Die geschichtliche Entwickelung des Farbensinnes / von Hugo Magnus.
- Hugo Magnus
- Date:
- 1877
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Credit: Die geschichtliche Entwickelung des Farbensinnes / von Hugo Magnus. Source: Wellcome Collection.
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![diese Farbeutrme miiss sogar schuii einen recht huhen Gnid der Knt- wickelung erreicht gehabt haben; da mau gerade für sie verschiedenen Jiezeiclinungen begegnet, nämlicli den Wlirtern: ip'jiloo; roth, cpoi'vi; pur- purroth. ;avi)o; gelb, Tropcpupco; {)urpurtarl)ig. Nach diesen verschiedenen Ausdrücken zu schliessen, sclieiut man aber damals in der That bereits und röiuisflun Alterthuius auf physiologische «iriinde ziui'iol<zut'ühren und durch solche verständlieh raaehen, in der Düring'schen Erklärung nicht die Rede ist. Das eben Gesagte gilt genau auch von der Erklärung, welche der bekannte Aesthe- tiker Vischer (Aesthetik. Stuttgart 1851—1857) gibt, wenn derselbe sagt: „Die Gebilde, welche ilie Dichtkunst vor unsere Phantasie führt, haben allerdings auch Farbe, über Homers Welt wölbt sich der tief blaue Himmel des Südens und glänzt alles Leben in glühendem Sonnenlichte. Allein wenn alle Züge der Erscheinung, wie sie nur der innerlichen Sinnlichkeit vorschwebt, unbestimmter werden, so gilt dies doch mehr von der Farbe, als vom Urariss; dieser zeichnet sich deut- licher und schärfer vor das Auge der Einbildungskraft, weil er Linie ist. Es ist ungleich mehr Umriss- als Farbenfreude, was wir bei Homei-'s Gebilden als Objecte des inneren Sehens gemessen. Denn mag auch Schuster (Homer's Auf- fassuTig und Gebrauch der Farben, nebst Erläuterung eines epischen Stilgesetzes; in: Mützell. Zeitschrift für das Gymnasialwesen. Jahrgang XV. B. 2. p. 725 If.) für obige Behauptung V ischers, dass dem Dichter nothwendigerweise die Umrisse seiner Gestalten mehr auffallen mussten, als die Farbe derselben und dass aus diesem Grunde auch Homer so farbenarme Bilder entworfen habe, eintreten und ihre Wahr- heit für erwiesen erachten: so beweisst schon der Umstand, dass Homer in der Schilderung der verschiedenen Lichteffecte, sowie in der Characterisirung der Licht- fülle so ausserordentlidi zahlreicher und treffender Ausdrücke sich betlient, zur Ge- nüge, dass die Vischer'sche Erklärung durchaus nicht stichhaltig und beweiskräftig sein könne. Denn die Ursachen, welche den Homer dazu veranlassten, so farben- anne Schilderungen zu entwerfen und wesentlich nur der lichtreichen F'arbentöne zu gedenken, sind eben weder ästhetische, noch in dem Wesen der Dichtkunst über- haupt oder gar in der Individualität des Dichters liegende, sondern sie benihen ausschliesslich nur in der Eigenthümlichkeit des danialigen Menschen, in den phj'sio- logischen Bedingungen und Fordermigen des damaligen Farbensinnes. Darum kön- nen wir auch Marg (De u.su et significatione epithetonim quorundam colores in- dicantium. Programm des königl. Gj'mnasiums zu Bromberg. 1857. §. 7. p. 18) nur Recht geben, wenn er sagt: .,Felicissima illa ratio, qua poetae coloi-um uomina cum diversissimis rebus et ipsis abstractis notionibus coujunxerunt, non singulorum est opus, sed coorta ex ingenio et natura populi excolebatur a poetis, inventa non est. Unser besonderes Befremden erregt es aber, wenn Steinthal (der Urs])rung der der Sprache. Berlin 1877. p. 208) diese auf den sichersten Forschungen berulien- den Eigenthümlichkeiteu des Farbensinnes der homerischen Zeit vollkommen igno- rirt und die Behau])tung aufstellt: „Waren also die Sänger der Ilias, der alten indischen Hymnen gesunde Menschen, so ist es Tautologie, zu sagen, dass in ihren Gesichtorganen alles ebenso verlief, wie in den unsrigen; wäre letzteres nicht, nun so wären sie keine Menschen gewesen. Es scheint hiernach fast so, als ob Hen* Professor Steinthal die wissenschaftlichen Forschungen eines <.ielehrten wie Glad- stone u. A. absichtlich übersehen, nur um die von ihm so angefeindete Entwickelung](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b21213859_0025.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)