Volume 2
Grundriss der inneren Klinik : für akademische Vorlesungen und zum Selbstudium / von Hermann Eberhard Richter.
- Hermann Eberhard Friedrich Richter
- Date:
- 1860
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Credit: Grundriss der inneren Klinik : für akademische Vorlesungen und zum Selbstudium / von Hermann Eberhard Richter. Source: Wellcome Collection.
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![<lcr Harnblasengegcnd (also hinter der Schambeinfuge und im Mitlel-1^^- fleisch), welcher zeitweise und plötzlich, mit freien Zwischenräumen auf- tritt, durch starken Druck eher gemildert als verschlimmert wird, und auch wohl auf benachbarte Nervengebiete (z. B. auf Ruthe, Eichel, Schenke], Mastdarm) überstrahlt, oder von dort aus beginnt. Dabei ist in der Regel (wie bei Neuralgien anderer Hohlmuskeln) auch krampf- hafte Zusammenziehung der entsprechenden, besonders Blasen- oder Blasenbals-Muskeln (demnach bald Harndrang, bald Harnverhaltung) vorhanden; diese kann sich mit auf benachbarte Theile (z. B. Samen- bläschen, Ejaculatoren, Erectoren, Mastdarm) erstrecken. Bei acht neu- ralgischem Zustande ist gewohnlich der Urin wasserhell und das all- gemeine Aussehen des Kranken blass und nervös. — Die Behand- lung richtet sich auf Beseitigung der etwaigen Gelegenheitsursachen und materiellen Grundkrankheiten, und ist übrigens beruhigend, schmerz- und krampfstillend, sowohl örtlich, als allgemein. Daher kommen nach Umständen in Anwendung: äusserlich gewärmte Tü- cher, feuchtwarme Breiumschläge, (von Hyosc, Cicut., Bellad., Leinmehl mit Opiumtinctur u. s. w.), warme Einreibungen in die Blasengegend (von warmem Oel, milden Salben, Ung. belladonnae, Chloroform-Oel, Opiaten, Linim. volat. mit oder ohne Opium oder Kampher), milde und beruhigende Klystiere, Einbringen von Opium oder Belladonnasalben in den Mastdarm (mittels Stuhlzäpfchen oder Leinensäckchen), lauwarme, schleimige oder narkotische Sitzbäder, Dampfinsessus, halbe oder ganze Warmwasserbäder, auch wohl (sofern der Schmerz die Einbringung des Katheters gestattet), warme, ölige, schleimige oder wässrige und narko- tische Einspritzungen in die Blase selbst, Chloroform-Einathmungen. Innerlich: Emulsionen von Mohn- oder Hanfsamen, von fetten Oelen, Lykopodium, Hanfsamentinctur oder indische Hanfpräparate, Opiate, Lupulin, Belladonna und andere Narkotika, oder die Nervina und Dia- phoretika, wie Baldrian, Chamille, Chenopodium, Asa foetida, Liqu. c. c. succinatus, Zinkblumen, Ipecacuanha und ähnliche. In der Nachcur nach Umständen Tonika (z. B. Eisen) oder Resolventia, z. B. alkalische Wässer, Natron bicarb., Seife. II. Die gesteigerte Reizbarkeit der Blasenwände (besonders der Blascnhalsnerven) äussert sicli durch einen häufigen Drang zum Harnlassen (Mictio frequens), welcher auch wohl bis zum krampfhaften Einpissen (§.' 1017 n. 1), oder zu wirklichem Blasenkrampf führt. Sie findet sich bei Hämorrhoidäriern, Ona- nislen, bei alten und der Querlähmung entgegengehenden Personen, bei Trippern, Stricturen, Prostatakrankheiten, Blasenkatarrhen u. s. w., oft als Vorbole der Bla- senlähmung. — Die Behandlung ist die obige und besonders gegen die Ursa- chen zu richten. Beide werden durch Kathcterisiren diagnosticirt. III. Die Unempfindlichkeil des Blasenhalses ist besonders bei dem unwissentlichen Harnabgänge schuld (s. u. §. 1017 n. 3). (Vgl. Urfffl, in Schmidt 's Jahrb. IM. 93. S. 305 und Rees, Bd. 07. S. 325.) IV. Der eigentliche (Muskel-) Krampf der Blase (Cystospasmm) und V. die Harn blasenlähm ung {Cystoplegia) kommen (nach einem bei allen Holilmuskeln gültigen Gesetze) in zwei Formen vor, je nachdem dasUebel am Grunde oder Halse (in den Schliess- oder Treib-Muskeln) sitzt: entweder als Harnverhal- tung (§. 1020) oder als unwillkürlicher Harnabgang (§. 1018); beide sind dann](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2041500x_002_0513.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)