Volume 2
Grundriss der inneren Klinik : für akademische Vorlesungen und zum Selbstudium / von Hermann Eberhard Richter.
- Hermann Eberhard Friedrich Richter
- Date:
- 1860
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Credit: Grundriss der inneren Klinik : für akademische Vorlesungen und zum Selbstudium / von Hermann Eberhard Richter. Source: Wellcome Collection.
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![lieh fliessl das Sperma ohne solche Wollustempfindungen und Reflex- f™uli, erscheinungen rein mechanisch ab (eigentlicher Samenfluss, un~- Spermatorrhoea), vor allen durch die Pressimg beim Stuhl- und Harn- lassen oder unmittelbar nachher, und dann gewöhnlich ohne Wissen des Kranken, besonders wenn der Same hierbei in die Harnblase zurück- tritt. (Unmerkliche Samenverluste.) Der Verdacht eines solchen krankmachenden Samehverlüstes oder Samen- Kec1°znel ftnsses entsteht, wenn früher gesunde Jünglinge oder junge Männer, ohne andere -1 nachweisbare Krankheiten oder sonstige Ursachen, allmälig hlass, hohläugig und muskelschwach werden, einen matten Blick und verlegenes Benehmen zeigen und von allerlei sofort zu beschreibenden nervösen und psychischen Zufällen heimge- sucht werden. Die Diagnose sichert man, hinsichtlich der wissentlichen und provocirten Samenergüsse, durch das Gesländniss des Kranken und die Untersuchung seiner Bett- und Leibwäsche; hinsichtlich der unwissentlichen Samenabgänge nur durch mikroskopische Nach Weisung der Samenfäden (sogenannten Samenlhieichen, Spermatozoon) in dem entleerten Harne, besonders in den letzten Tropfen desselben oder am Boden des Nachtgeschirres. Am sichersten ist es zu diesem Behufe, wenn der Kranke, ehe er zu Stuhle gehl, vorher den Urin hiuweg- lässl und dann die wenigen beim Stuhlabgang abgepressten Tropfen des Harnes in einem Uhrglas oder Papiere auffängt: sind diese samenhallig, so sind sie trübe, schleimig-klebrig, oft spermalisch-riechcnd, und zeigen unter dem Mikroskop zahl- reiche Samenladen, machen auch leichte Flecken im Hemde. In der Regel wird mit der Zunahme der Krankheit die entleerte Samenflüssigkeit abnormer, dünnflüs- siger und geruchloser; die in ihr befindlichen Samcnfädchcn erscheinen dann unter dem Mikroskop träger, bewegungsloser, endlich abnorm gestaltet, zu kleinen Ku- geln verschrumpft, ihrer Schweife verlustig u. s. w., oder mit Eutzündungsproduc- ten, Eiler- und Schleimkugeln vermengt. Die Folgen dieser Samenverluste (und der damit verbundenen §; 10-46. Nervenreizungen und Gemüthsverstimnuingen) sind mannichfach und ,0lgen geben etwa folgenden Gang: Anfangs finden sich mancherlei Schmer- zen in den Hoden, Samensträngen, der Prostalagegend u. s. w., manch- mal Rülhung der Urethra; später herrscht in allen diesen Theilen die Erschlaffung vor. Der Kranke fühlt sich immer matter und verstimm- ter (besonders nach jedem neuen Samenverlust); er nimmt ein ver- legenes, menschenscheues Benehmen und eine trübe, in sich gekehrte, grübelnde und selhstbeobachtende, reizbare und launische GemüThslim- mung an (vgl. Hypochondrie, §. 475); sein Gedächlniss wird schwä- cher, seine Thäligkeit schlaffer. Bald findet sich iMuskeischwäche und Abmagerung (trotz reichlichen Essens) ein; endlich gesteigerte Nerven- empfindlichkeit (z. B. der Haut, der Sinnesnerven) und ihre bei der Spinalirritation (§. 404) erwähnten Symptome: z. B. allerlei krankhafte Gefühle, Schmerzen, Krämpfe, förmlich hysterische Zufälle (Hysteria masmla, s. §.482); nervöse Verdauung-Störungen, nervöses Herzklopfen, Angstanfälle, Urinbeschwerden, Zittern, Schwindel, Schwäche der Ex- tremitäten, Das Vermögen zum Beischlaf und zum Kinderzeugen schwindet mehr und mehr. (Die Impotenz wird besonders durch das zu zeitige Dechargiren, die Sterilität durch die Verschlechterung des Sperma bewirkt.) Endlich bilden sich Hirn- und Biiekenmarkskrank- beiten aus (besonders Geisteskrankheiten [fixe Ideen, Melancholie, end- lich Blödsinn], oder Fallsuchten, oder Amblyopie und andere Sinnes-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2041500x_002_0543.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)