Volume 2
Grundriss der inneren Klinik : für akademische Vorlesungen und zum Selbstudium / von Hermann Eberhard Richter.
- Hermann Eberhard Friedrich Richter
- Date:
- 1860
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Credit: Grundriss der inneren Klinik : für akademische Vorlesungen und zum Selbstudium / von Hermann Eberhard Richter. Source: Wellcome Collection.
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![§. 613—615. ncTesider^\ICAo/a/I' ßiograPh»e und Charakteristik Jenners in den „Zeitgenossen-', 3. Sclmtz- l>eine- VII. 1829. Pocken. Gegenwärtig ist die Schulzpockenimpfung fast in ganz Europa (und zum Theil in den übrigen Welttheilcn) tlieils durch directen, theils durch indirecteri Zwang von Staatswegen (gleichsam als eine Art von Quarantäne) eingeführt und wird von obrigkeitlich bestätigten Iiapfarzten und Impfinstituten (denen auch die Sorge für Forterhaltung guter Lymphe obliegt), wie von den Privatärzten nacli gewissen ge- setzlichen Vorschriften ausgeübt. ^§•614- Das Verfahren hei der Sclmtzpocken-Impfung ist folgendes. Verfahren] Man ritzt die durch geschicktes Umfassen des Armes etwas angespannte, beziehentlich vorher durch Reibung der Oberhaut gereinigte Haut des Impflings in der Gegend des Deltamuskels mittels eines passenden In- strumentes (Impfnädel, Iinpflanzette, oder die Güntz'sche Impffeder) mit einigen leichten Stichen oder Schnittchen so, dass die Wunde just eine Blutspur zeige, nicht aber ernstlich blute. In diese Wunde streicht man die aus einer gut entwickelten Schutzpocke entnommene Lymphe sorgfällig hinein und wartet das Eintrocknen der Wunde ab, ehe man den Impfling wieder ankleidet. Die Impfung geschieht am besten von Arm zu Arm, d. h. aus der frisch geöffneten Pustel. Wo dies nicht möglich ist, geschieht sie durch Lymphe, welche hermetisch zwischen Glastäfelchen oder in Glasrtthrchen, oder auf kleinen, in einem wohlverwahrten Fläschchen eingeschlossenen Stäbchen von Elfen- oder Fischbein aufbewahrt wurde. Die zur Impfung zu verwendende Lymphe muss von einem gesunden Kinde, aus einer gehörig gebildeten Vaccinepustel zwischen dem sechsten und neunten Tage genommen werden, wo sie noch farblos, klar und durch- sichtig ist. Die Zahl der Impf-Stiche oder Schnitte darf nicht zu gering sein: man macht wenigstens vier an jedem Oberarme. Der Impfling muss möglichst gesund, wenigstens frei von acuten und von Haut- krankheiten und Syphilis sein. Andere chronische Krankheilen verbieten zwar nicht immer die Impfung; denn manche Krankheiten bessern sich sogar durch dieselbe, woo-eo-en in anderen Fällen oft dadurch eine schon vorhandene Krankheilsanlage geweckt wird; jedenfalls aber verbieten sie das Weiterimpfen von diesem Indivi- duum auf andere. Audi die Eltern und Geschwister des Impflings kommen hierbei in Betracht; oft ist das Kind noch gesund, aber die Geschwister verrathen (z. B. durch Ausschläge, Rhachitis, Atrophie) eine krankhafte Anlage. Die Zahnung und ähnliche Entwiekelungsepochen erlauben die Impfung nur für den Nolhfall. Das Aller des Impflings muss nicht ein zu frühes sein: man impft gern erst vom vier- ten fünften, sechsten Monate des Lebens an, weil früher die Haut zu zart und' reizbar, die Ausbildung der Kuhpocken nur unkräftig ist; dringende falle, z B die Nähe von Pockenepidemien oder Pockenkranken machen freilich hier eine Ausnahme. Einer besonderen Vorbereitung durch Arzneien bedarf es in der Regel nicht. 8 615 Der Verlauf der ächten Schutzpocke ist folgender: Kurz verlauf undnach (jem impfen entsteht oft eine leichte Rothung der Haut, welche zeiX'n als Zeichen der geschehenen Infection gelten kann, aber bald wieder dsrehuthz'-en verschwindet. Die ersten drei Tage gehen sodann ohne alle örtliche Pocken. 0(lcr allgemeine Affection hin; die Impfstelle scheint zu heilen, höch- stens bleibt ein rofher Punkt sichtbar. Dieser wird am vierten Ta-c deutlicher, einem Flohstichc ähnlich, juckt und erheb sich b, d in ein hartes, rundes, entzündetes, in der Mitte eingedrücktes Ivnöt-](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b2041500x_002_0084.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)