Die Geschwüre und die erworbenen Fisteln des Magen-Darmkanals / von Viktor Lieblein und Heinrich Hilgenreiner.
- Lieblein, Viktor.
- Date:
- 1905
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Credit: Die Geschwüre und die erworbenen Fisteln des Magen-Darmkanals / von Viktor Lieblein und Heinrich Hilgenreiner. Source: Wellcome Collection.
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![weitem häufigeren; beiden Gruppen von erworbenen Fisteln kann die kleine Gruppe der angeborenen Fisteln gegenübergestellt werden. 1. Die angeborenen Fisteln scheinen eine äußerst seltene Mißbildung darzustellen. Mir ist nur ein Fall von Maurer bekannt, ein neugeboienes Kind mit Atresie des Afters und der Harnröhre be- treffend, in welchem sich bei der Sektion neben verschiedenen Defekt- bildungen (Fehlen beider Nieren, beider Uretheren, der Blase, der linken Tube und des linken Ovariums) eine abnorme Kommunikation zwischen der stark ausgedehnten Flexnr und der Uterushöhle befand, durch welche sich 18 Stunden nach der Geburt Fäzes entleert hatten! Bei dem nicht seltenen Anus vaginalis congenitus handelt es sich fast stets um eine Ausmündung des Rektums in die Scheide bei vorhandenem Mastdarmverschlusse. Einen Fall von angeborenem Anus uterinus teilt Dishausen mit. Auch hier handelte es sich um eine Kommunikation mit dem Rektum. 2. Die Fisteln genitalen Ursprungs lassen sich nach der Zeit ihres Auftretens in drei Gruppen einteilen, durch welche gleich- zeitig die Aetiologie dieser Fisteln mehr oder minder gegeben ist, nämlich in solche, welche während der Schwangerschaft, solche, welche bei oder im Anschlüsse an die Geburt, endlich solche, welche außerhalb der Gravidität und des Partus entstehen. In der Mehrzahl all dieser Fälle handelt es sich um Verletzungen oder entzündliche Prozesse. a) Während der Schwangerschaft entstandene Fisteln können zunächst durch Manipulationen, welche einen Abortus beabsichtigen, herbeigeführt werden, indem es dabei infolge von Verletzungen der Scheide oder der Gebärmutter zur Fistelbildung kommen kann (Pennel, Casamajor [P], Boden Fall 228). Weiter kann die Extrauteringravidität Veranlassung zur Bildung derartiger Fisteln geben, indem es zur Entzündung des Fruchtsackes und zur Usur von Darmschlingen kommen kann wie in den Fällen Colman, Müller, Richter. In den beiden ersten Beobachtungen war die Kommunikation zwischen Darm und Vagina keine direkte, sondern eine durch den Fruchtsack vermittelte, so daß man mit Narath von einer Intestin ozystovaginalfistel sprechen kann. Ueber den F all Richter (Darm-Uterusfistel nach Extrauteringravidität) fehlen mir die näheren Details. Endlich müssen jene uterinen Fisteln hierher gerechnet werden, welche durch Retention des abgestorbenen Fötus im Uterus (Missed labour der Engländer) entstanden sind. Diese Art der Entstehung ist eine verhältnismäßig häufige: Unter 18 Darm-Uterus- fisteln, welche sich unter den 28 Fällen Neugebauer’s von Kommuni- kationen des gesamten Magendarmkanals mit der Gebärmutter be- finden, ist bei der Hälfte der Fälle dieses ursächliche Moment vermerkt, und zwar handelt es sich dabei um das Zurückgehaltenwerden des ganzen Fötus, einzelner Teile oder auch nur einzelner Knochen des- selben. So war im Falle Kosinski der Kopf durch 9 Monate zurückgehalten worden, in anderen Fällen betrug die Retentionszeit vom Absterben des Fötus an gerechnet Jahre. Mehrmals fand sich eine vollständige oder unvollständige Uterusruptur nach mehr oder minder langer Retention der abgestorbenen Frucht verzeichnet. Den Vorgang der Fistelbildung muß man sich in der Mehrzahl der Fälle so vorstellen, daß es infolge von Drucknekrose und Infektion zu](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28087033_0618.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)