Der Vorfall der Gebärmutter in anatomischer und klinischer Beziehung / von Otto v. Franque.

  • Franque, Otto von, 1833-1879.
Date:
1860
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Credit: Der Vorfall der Gebärmutter in anatomischer und klinischer Beziehung / von Otto v. Franque. Source: Wellcome Collection.

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    Uterus habe leiden sehen, die aber nichtsdestoweniger concipirt und regelmässig geboren haben. Mag diese Beobachtung eine richtige sein oder nicht, so steht doch fest, dass in manchen Gegenden verhältnissmässig mehr Frauen an Vorfall des Uterus leiden, als in anderen. So findet man in bergigten Gegenden dieses Uebel häufiger; doch liegt der Grund hauptsächlich in der Lebensweise und Beschäftigung der Frauen, welche in diesen Gegenden schwere Lasten auf dem Rücken tragen und dabei die Bauchpresse sehr anstrengen (davon mehr bei der Aetiologie). Ebenso soll in sumpfigen Gegenden das Leiden ein häufigeres sein, weil hier die ganze Constitution schlaffer ist als in trocknen gesunden Landstrichen. Endlich wollte man auch einen Unterschied machen zwischen einem erworbenen und ererbten Gebärmuttervorfall, doch ganz ohne Grund. Ein Gebärmuttervorfall selbst kann nie angeerbt sein, wenn man auch nicht leugnen kann, dass eine gewisse Disposition dazu von Mutter auf Tochter übergehen kann. Dass man schliesslich bei einem Gebärmuttervorfall darauf Rücksicht nimmt, ob das Leiden für sich allein besteht, oder noch mit andern zugleich auftritt, versteht sich von selbst und ist desshalb die Eintheilqng in einfachen und complicirten Vorfall eine ganz überflüssige. Es ist hier die passendste Stelle für die Frage: gibt es einen vollständigen Vorfall des Uterus, d. h. ist es möglich, dass der Uterus in seiner Gesammtheit so weit vor die äusseren Genitalien treten kann, dass kein Theil von ihm im Becken zurückbleibt, oder ist selbst bei den grössten Vorfällen noch ein Theil der Gebärmutter im Becken geblieben. Schon von den ältesten Zeiten an ist diese Frage bis auf die neueste Zeit verschieden beantwortet worden. So lesen wir, um nur einen anzu- führen, bei Paulus Aegineta (1. c.) „Nonnulli vero Universum uterum procidere affirmant, quod sane videtur absurdum.“ In neuerer Zeit hat Kiwisch ') ein vollständiges Hervortreten des Uterus aus dem Becken geleugnet. „Nie tritt, wie häufig angenommen wird, die ganze Gebärmutter vor die äusseren Genitalien, ja bei den bedeutendsten Vorfällen liegt in der prolabirten Parthie kaum die Hälfte der Gebärmutter und es liegt der Grund derselben noch wider Vermuthen hoch in der Beckenhöhle.“ Mit diesem Ausspruche geht Kiwisch offenbar zu weit. Allerdings ist es höchst selten, dass das ganze Organ vor den äusseren Geschlechtstheilen gefunden wird, in den meisten Fällen bleibt noch ein beträchtlicher Theil desselben mehr weniger hoch in der Beckenhöhle zurück, auch wird es am Lebenden oft schwer sein, mit Bestimmtheit zu ermitteln, ob das ganze Organ in der prolabirten Parthie liegt; allein es liegen doch Fälle vor, die über das vollständige Herausgetretensein des Uterus keinen Zweifel übrig lassen. Zum Beweise dafür verweise ich auf die weiter unten folgende Beschreibung des ersten und siebenten Präparates und auf die Abbildung auf Taf. II. Es muss also die Mög- lichkeit, dass der Uterus vollständig in dem Vorfall liegen kann, zugegeben werden. Pathologische Anatomie. Hat man eine Leiche mit Prolapsus uteri vor sich, so bemerkt man, wenn der Vorfall nicht vorher reponirt wurde, eine mehr weniger grosse Geschwulst vor den äusseren Genitalien, an deren unterem Ende man eine breite klaffende Spalte sieht. Wurde der Vorfall vorher reponirt, oder war er nur bis zum Scheideneingang herabgetreten, so wird man doch durch das weite Klaffen der Schamspalte auf die Möglichkeit, es mit einem Vorfälle zu thun zu haben, aufmerksam gemacht, dabei sind auch gewöhnlich die livid gefäi'bten Wände der Vagina hervorgewölbt. Wird nun die Bauch- höhle geöffnet, so fällt die ungewöhnliche Tiefe der Beckenhöhle auf; sie erstreckt sich trichterförmig bis in den Vorfall hinein und liegen in dieser trichterförmigen Grube die nachgesunkenen Becken- *) L. c. p. 174.